Newsflash

Schweizer Kartellgesetz-Revision auf der Zielgeraden

04.12.2025

Stände- und Nationalrat haben sich in der Differenzbereinigung auf die Regelungen des revidierten Kartellgesetzes geeinigt. Diese Einigung steht noch unter dem Vorbehalt der Schlussabstimmung der beiden Räte und schliesst die im Jahr 2023 angestossene Teilevision des Kartellgesetzes ab (zum Hintergrund unser Newsletter vom Juli 2023 "Teilrevision des Kartellgesetzes: Ein Überblick über die wesentlichen Neuerungen").

Was wird sich aufgrund der Teilrevision des Kartellgesetzes ändern?

  • Grundsätzliche Unbedenklichkeit von Arbeitsgemeinschaften (ARGE): Das revidierte Kartellgesetz stellt klar, dass ARGE, welche den wirksamen Wettbewerb ermöglichen oder stärken, keine Wettbewerbsabrede darstellen.
  • Wettbewerbsabreden: Künftig unterliegen auch harte Abreden einer gewissen Auswirkungskontrolle. Im Rahmen einer Gesamtbeurteilung berücksichtigen die Wettbewerbsbehörden sowohl qualitative Elemente in Form von Erfahrungswerten als auch quantitative Elemente in Form der konkreten Umstände auf dem relevanten Markt. Das revidierte Kartellgesetz konkretisiert zudem den Vermutungstatbestand bei horizontalen Preisabreden.
  • Missbrauchstatbestände: Missbräuchliche Verhaltensweisen durch marktbeherrschende Unternehmen sind einzelfallweise in einer Gesamtbeurteilung anhand von Erfahrungswerten und den konkreten Marktumständen zu prüfen. Dies beinhaltet auch eine Bestätigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts.
  • Modernisierung der Zusammenschlusskontrolle: Der bisherige qualifizierte Marktbeherrschungstest wird durch den, unter anderem für die EU-Zusammenschlusskontrolle geltenden, SIEC-Test (significant impediment to effective competition) ersetzt. Die Wettbewerbskommission ("WEKO") kann auf dieser Basis Zusammenschlüsse unterhalb der Marktbeherrschungsschwelle untersagen (bzw. lediglich unter Auflagen oder Bedingungen zulassen), wenn diese den Wettbewerb signifikant behindern. Zudem können Effizienzvorteile umfassender berücksichtigt werden. Auf Verfahrensebene kann künftig eine Meldepflicht bei der WEKO entfallen, wenn sämtliche betroffenen Märkte nebst der Schweiz auch den EWR umfassen und die Europäische Kommission das Zusammenschlussvorhaben prüft. Fristunterschiede in der Schweiz und in der EU können neu durch Fristverlängerungen der WEKO abgemildert werden.
  • Stärkung des Kartellzivilrechts: Künftig sind auch indirekt Betroffene (z.B. Konsumenten und Konsumentinnen sowie die öffentliche Hand) aktivlegitimiert. Zudem steht die Verjährung von zivilrechtlichen Ansprüchen aus unzulässiger Wettbewerbsbeschränkung ab der Eröffnung der Untersuchungen der WEKO oder der Europäischen Kommission bis zum rechtskräftigen Entscheid still. Neu wird auch ein Anspruch auf Feststellung einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung eingeführt.
  • Erweiterung der Untersuchungsmassnahmen: Die Wettbewerbsbehörden dürfen (z.B. anlässlich von Hausdurchsuchungen) künftig auch Personendurchsuchungen durchführen.
  • Anpassungen im Verwaltungsverfahrensrecht: Das revidierte Kartellgesetz verankert neu Untersuchungsgrundsatz, Unschuldsvermutung und Beweislast, was mehrheitlich deklaratorischen Charakter hat. Weitere Neuerungen betreffen die Einführung von Ordnungsfristen für alle Instanzen, die Parteientschädigung, und die sanktionsmindernde Berücksichtigung von freiwilligen Wiedergutmachungen gegenüber Geschädigten.
  • Verbesserung des Widerspruchsverfahrens: Das freiwillige Verfahren zur Vorabprüfung von potentiell kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen wird verbessert und praxistauglicher gemacht. Das direkte Sanktionsrisiko entfällt für die gemeldete Verhaltensweise, wenn die Wettbewerbsbehörden innert der Widerspruchsfrist keine Untersuchung eröffnen. Die Widerspruchsfrist wird von fünf auf zwei Monate verkürzt.
  • Compliance Defence: Unter dem revidierten Kartellgesetz können Vorkehrungen zur Vermeidung von Kartellrechtsverstössen von den Wettbewerbsbehörden künftig sanktionsmindernd berücksichtigt werden.

Was sind die nächsten Schritte?

Am 19. Dezember 2025 findet die Schlussabstimmung des Stände- und Nationalrats zum Erlassentwurf statt. Das revidierte Kartellgesetz erfordert zudem Anpassungen der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, der Verordnung über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen und der Verordnung über die Gebühren zum Kartellgesetz, sowie zahlreicher Merkblätter und Formulare der Behörde. Dazu ist voraussichtlich im Frühjahr 2026 eine Vernehmlassung vorgesehen. Mit dem Inkrafttreten des revidierten Kartellgesetzes ist nicht vor Anfang 2027 zu rechnen. 

Schellenberg Wittmer wird mit einem ausführlichen Newsletter und Klientenanlass Anfang 2026 im Detail über die zentralen Änderungen und Auswirkungen informieren.

 

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